Futtermittel-, Fleischimport- oder Export - alles geht auf Kosten von Regenwäldern, Klima und Nutztieren
Laut Magazin „top agrar online“ (Landwirtschaftsverlag GmbH) steuerten „die Fleischexporteure der EU 2016 auf ein Rekordergebnis zu, denn sie haben in den ersten drei Quartalen so viel Ware an Drittlandskunden verkauft wie niemals zuvor“. Daten der EU-Kommission zufolge belief sich der Gesamtabsatz von Schweine-, Rind-, Geflügel- und Schaffleisch einschließlich Nebenerzeugnissen und lebender Tiere auf 4,86 Mio. t Schlachtgewicht. Das entspricht fast 900 000 t oder 22,7 % mehr als im Vorjahreszeitraum“. Deutschland ist dabei einer der wichtigsten Fleischexporteure weltweit. „Dabei werden viele Innereien exportiert, dagegen Schnitzel, Filet, Brust oder Haxe importiert“, wird Michael Lohse vom Deutschen Bauernverband im Gespräch mit tagesschau.de zitiert. Der internationale Handel mit Fleisch läuft längst auf Hochtouren in beide Richtungen. Er trägt massgeblich zum unhinterfragten Güterverkehrswachstum bei wie schon der Futtermittelimport. Auf Kosten von Regenwäldern und Klima. Aktuell will laut „top agrar online“ die Unternehmensgruppe Nordfrost am JadeWeserPort in Wilhelmshaven ein Tiefkühllagerhaus für den wachsenden Schweinefleischexport nach Asien bauen. Das Futter stammt sicher nicht aus Ostfriesland, auch nicht aus Deutschland. Woher wohl?
Die Frage von BBV-Bezirkspräsident Gerhard Stadler „importieren wir es, weil wir hier so hohe Vorschriften haben?“ geht daher fehl. Sie lenkt von der politisch gewollten Exportorientierung der agrarindustriellen Intensivlandwirtschaft inclusive tierquälerischer Massentierhaltung ab. Denn große Mast- und Schlachtbetriebe stemmen den Export, während kleinere Betriebe mit Mischwirtschaft ums Überleben kämpfen müssen oder längst aufgegeben haben. Laut Fleischatlas nahm die Schweinefleischproduktion in den vergangenen 20 Jahren um fast die Hälfte zu, während die Zahl der Betriebe dramatisch abnahm. Angesichts des unermesslichen Tierleids und der Schäden aus Agrar- und Tierindustrie mit grossflächiger Grundwasserschädigung und lebensbedrohlichen Antibiotikaresistenzen, die längst auf die menschliche Gesundheit durchschlagen, ist jedes Bestreben zur Stützung solcher Strukturen untragbar. Ebenso ein überzogener Billigfleischkonsum, wie er in Teilen unserer Gesellschaft stattfindet und mit den Fleischexporten in viele Länder übertragen wird.
Die Politik auf allen Ebenen hat Sorge zu tragen, dass es hierzulande nur eine durchgängig tiergerechte anständige Nutzviehhaltung nach den Vorschriften der EU-Bio-Verordnung gibt, wie es insgesamt eine ökologisch nachhaltige Neuausrichtung der Landwirtschaft braucht. Und teils auch eine Neuausrichtung im gesamten Konsumverhalten. Die "Geiz ist geil"-Mentalität muss ausgedient haben. Nachfrage nach Billigstfleisch ist vernünftigerweise mit anständigen Produktionsbedingungen genauso wenig zu befriedigen wie die nach kurzlebiger Billigmode. Beides geht nur mit verwerflichen tier- bzw. menschenunwürdigen und ökologisch unverantwortbaren Bedingungen. Billige Lebensmittel, Billigklamotten und Billigflüge werden teuer erkauft. Qualität entsteht eben nicht unter Ausserachtlassen von ökologisch-sozialer Kostenwahrheit und Kostengerechtigkeit sowie des Vorsorge- und Verursacherprinzips. Wer Fleisch essen will, sollte dies bei aller Untätigkeit und fehlendem Tätigwerden der Entscheidungsträger nur in geringem Masse tun – und nur qualitätvoll und tierschutzgerecht erzeugtes Bio-Fleisch kaufen, das wenigstens die EU-Bio-Mindestkriterien einhält.
Bund Naturschutz Kreisgruppe Straubing-Bogen
Johann Meindorfer
2. Kreisvorsitzender